21.08.2017
Seit genau einer Woche bin ich mit
meiner Tochter Leah in Tansania.
Die Zeit vergeht tatsächlich wie im
Flug.
Vieles ist mir sehr vertraut – nach
nur 9 Monaten bin ich wieder hier!
Seit knapp 3 Stunden ist die Sonne
verschwunden und mit der Dunkelheit kommt die Kälte. So liege ich
auf meinem Bett, eingemummelt mit Pullover und Jacke unter einer
Decke....
Tagsüber ist es angenehm warm: der
Sommer in den Bergen in Südtansania, auf einer Höhe von ca. 1700 m.
Für alle, die nicht genau wissen,
warum und wieso ich in Tansania bin und hier eher arbeite als Urlaub
mache, eine kurze Einführung:
Vor genau 30 Jahren begann ich in
Neinstedt (Ostharz) eine Ausbildung zum Diakon. In dieser Zeit lernte
ich dort 2 Tansanier, Elikana und Sedekia, kennen. Wir freundeten uns
an. Beide gingen nach ihrer Ausbildung (Diakon und
Heilerziehungspfleger) wieder zurück nach Tansania, nach Tandala –
ganz im Süden des Landes und mitten in den Bergen gelegen. Sie
bauten dort ein Dikoniezentrum auf. Im Mittelpunkt standen und stehen
einerseits Menschen mit körperlichen und auch geistigen
Einschränkungen, Kinder und Jugendliche aus armen Verhältnissen und
Waisen.
Diese werden individuell begleitet,
gefördert, beraten und in Schul- oder Ausbildungsverhältnisse
gebracht. Mittlerweile arbeiten im Diakoniezentrum selbst über 20
Mitarbeiter.
Seit knapp 5 Jahren begleite ich einen
jungen Tansanier, Kirimia Ilomo, während seiner Diakon- und vor
allem seiner Physiotherapieausbildung, die auch er in Neinstedt und
in Quedlinburg erfolgreich absolviert hat. Seit genau einem Jahr ist
wieder zurück und baut seitdem im Diakoniezentrum die Physiotherapie
auf.
Zusammen haben wir während seiner Zeit
in Deutschland konzeptionell den Praxisaufbau und die materielle
Ausstattung versucht zu erarbeiten.
Im Oktober 2017 war ich dann für 4
Wochen vor Ort und wir haben so die ersten Schritte gemeinsam
unternommen. Dieses habe ich in dem Blog
www.torstenintansania.blogspot.com
beschrieben.
Nun bin ich wieder hier, um diese
Arbeit weiter zu begleiten.
Diesmal sollen folgende Punkte im
Vordergrund stehen:
- Anbahnung von Kontakten und eines Netzwerkes in Tansania
- Fortbildungs- und Hospitationsmöglichkeiten für Kirimia finden
- Fertigstellung der physiotherapeutischen Räumlichkeit
- Besuche in der näheren Umgebung in Familien mit Angehörigen, die eine Behinderung haben
- offizielle Einweihung der Physiotherapiepraxis
So war ich diesmal ganz anders gespannt
auf das, was mich in dieser Zeit erwarten wird.
Tag 1
Sonntag, 13.08.17
In aller Frühe (4 Uhr aufstehen!!)
sind wir von Tegel über Zürich nach Daressalam geflogen.
viel zu früh - aber bereit für den Abflug.... |
In Dar erwartete uns ein sportliches
Programm: Wir hatten einen Inlandsflug zum Kilimanjaro-Airport nur
1,5 Stunden nach der geplanten Ankunft gebucht. Zunächst schien
alles reibungslos zu verlaufen. Dadurch, dass wir die Visa bereits in
Berlin beantragt und erhalten hatten, waren wir die ersten am
Gepäckband – leider auch die letzten! Mein Rucksack wollte wohl
noch nicht mit dabei sein..... So kamen wir ganz schnell mit den
Tansaniern in Kontakt: „Vermisstenmeldung“.
Kirimia erwartete und half uns auch bei
der Vermisstenmeldung. Mit einem Gepäckstück weniger, dafür aber
mit einer Person mehr, ging es dann weiter in den Norden Tansanias,
in die Nähe des Kilimanjaro, nach Usa River. Ein Dorf zwischen Moshi
und Arusha gelegen.
Hier befindet sich seit über 25 Jahren
ein Rehabilitations Center der Diakonie. Das wollten wir besuchen und
in den verschiedenen Bereichen vielleicht hospitieren. Hier gibt es
eben auch eine Physiotherapie.
Am Flughafen wurden wir abgeholt und
sanken in einem kleinen Apartment des Gästehauses des Reha Centers
müde und froh ins Bett.
2.Tag
Montag, 14.08.17
Nach einer wunderbaren Nacht, einer
erfrischenden Dusche durften sich v.a. die Augen an die afrikanische
Fauna und Flora gewöhnen.
Wir verabredeten uns mit dem deutschen
Leiter des Centers zu einem Rundgang.
˃
Seitdem das Reha-Center aufgebaut wurde gab es eine
tansanische und deutsche Leitung
(gleichzeitig). ˂
Natürlich nach dem Frühstück! Es
gibt im Center ein Cafe kombiniert mit einer kleinen Verkaufsstelle:
neben lecker belegten Sandwichs gibt es richtigen Kaffee mit Milch!
Die Sandwichs und alle anderen Backwaren sind in der eigenen Bäckerei
hergestellt worden.
Diese Bäckerei wurde von einem Bäcker
aus Nürnberg aufgebaut und jahrelang von ihm geleitet. Seit knapp
einen Jahr ist er wieder in Deutschland und es scheint, dass die
Backstube weiter funktioniert: neben der Versorgung des Centers
werden auch umliegende Hotels und Safariunternehmen regelmäßig
beliefert.
Der erste Eindruck des Centers ist für
uns sehr beeindruckend:
- Mehrere Räume für die Physiotherapie und für die Versorgung / Begleitung / Therapie von Klumpfüßen (Klumpfußcenter) mit jeweils 2-3 MitarbeiterInnen
- Unterrichtsräume für einen eigene Primary-School
- Förderunterricht: wir sahen eine Gruppe von ca. 15 Jugendlichen mit unterschiedlichen Formen von Einschränkungen in einem sehr lebendigen Mathe-Unterricht
- 3 Jugendliche beim Malen (und Erlernen) von Bildern in einer typischen Kunstform
- eine Schreinerei (mit Ausbildung)
- eine Metallbau-Werkstatt
- eine Schneiderei (mit Ausbildung)
- und die im Entstehen sich befindenden Gebäude einer Secondary-School
Abschließend sahen wir uns noch die
Landwirtschaft an: insbesondere die Entwicklung einer
Obstbaumplantage und der ersten Hochbeete mit der Begrenzung mittels
Bananenstämmen.
Speziell zu den MitarbeiterInnen der
Physiotherapie und des Klumpfuß-Centers nahmen wir am Nachmittag den
ersten intensiveren Kontakt auf und verabredeten uns für die
nächsten Tage.
Zwischendurch konnten wir das Cafe
genießen – gut zum langsam Ankommen... Wobei manchmal mehr Weiße
/ Wazungus hier saßen, als Tansanier.......
Am Nachmittag / Abend wagten wir die
ersten Schritte in die Öffentlichkeit: Der Gang zum Telefon-Shop war
unerlässlich: wenn wir mit der weiten Welt kommunizieren möchten,
brauchen wir eine tansanische Simkarte.
Natürlich braucht auch das alles seine
Zeit. Und da es so wunderbar in dem Shop war, besuchten wir ihn am
nächsten Tag gleich noch einmal!
Tag 3 – 5
Tag 3 – 5
Dienstag, 15.08.17 bis Donnerstag,
17.08.17
Mitten in der
Nacht wurden wir von der Gepäck – Vermisstenstelle in Daressalam
angerufen:
Mein Rucksack ist
nun auch angekommen und wir können diesen ab 13 Uhr am Airport
Arusha in Empfang nehmen – großes Durchatmen!!!
So ging es mit
einem Jeep und Fahrer des Centers zum Flughafen, quer durch die
quirlige Stadt Arusha. Bis ich den Rucksack dann tatsächlich wieder
in den Händen hatte, hatten wir dann doch viel Zeit, um die
Atmosphäre eines kleinen Flughafens ausgiebig zu genießen.....
Viele spannende
Gespräche und Begegnungen füllten diese Tage:
In der
Physiotherapie erhielten wir einen umfassenden Einblick in die
gesamte Arbeit:
- Dokumentation
- Gruppen- und Einzelangebote
- Organisation innerhalb des Centers
- Möglichkeit der Hospitation
- Besonderheiten / Arbeitsstruktur
Interessant war es
vor allem auch, weil eine der beiden Therapeutinnen aus Deutschland
kommt und seit 2 Jahren hier arbeitet, also auch Vergleiche zur
Arbeit und Arbeitsweise zwischen Tansania und Deutschland zur Sprache
kamen.
Ebenso konnten wir
das Thema Physio-Ausbildung besprechen. Kirimia hat leider noch immer
keine Anerkennung des tansanischen Bildungsministeriums erhalten. Das
wird auch nicht so einfach werden, da die Ausbildung in Tansania ganz
anders strukturiert ist: Diplom-, Bachelor- und Masterabschluss.
Wobei letztere einen sehr theoretischen Schwerpunkt haben.
Im Klumpfuß-Center
erhielten wir einen umfassenden theoretischen und praktischen
Einblick in der hier angewendeten Ponseti- Methode. Diese ist in
erster Linie eine konservative Behandlungsmethode, in der die Füße
und Beine in einer festgelegten Reihenfolge in bestimmten Positionen
eingegipst werden. Anschließend werden die Füße in Schuhen, die
mit einer Schiene verbunden sind, mehr oder weniger fixiert. Diese
Versorgung muss zunächst über 23 Stunden getragen werden. Mit der
Zeit dann weniger. Die Ponseti- Methode erfordert einerseits einen
hohen Grad an Mitarbeit der Eltern bzw. Bezugspersonen und
gleichzeitig auch eine Kontinuität und Sensibilität seitens der
Therapeuten.
Über eine
amerikanische Organisation „Miracle Feet“ (www.miraclefeet.org)
wird diese Arbeit auch in Tansania finanziell und strukturell in
einem hohen Maß gefördert. So gibt es auch einen bereits
vorhandenen Behandlungsschwerpunkt in Mbeya, einer Stadt, die „nur“
ca. 120 km von Tandala entfernt ist.
Eine weitere
spannende Begegnung war die mit dem Projekt „Feuerkinder“ bzw.
mit dessen Mitbegründerin Frau Schraml. Seit vielen Jahren kommen
mehrmals im Jahr Ärzte und Therapeuten aus Deutschland nach Tansania
/ Usa River, um Patienten mit Verbrennungen,
Knochenwachstumsstörungen (O-, X-Beine u.a.) kostenlos zu behandeln:
Operativ, einschließlich der zeitnahen Nachbehandlung + Schulung der
Therapeuten / Ärzte vor Ort.
Am letzten Tag im
Norden Tansanias besuchten wir noch das „Plasterhaus“. Hier
finden Kinder und Jugendliche vor / während / nach einer
medizinischen Intervention eine zeitlich begrenzte und kostenlose
Unterkunft.
Die Atmosphäre in
der Einrichtung wirkte sehr entspannend und friedvoll. Die Kinder und
Jugendlichen haben für tansanische Verhältnisse einen großen Raum
für sich selbst, erhalten pädagogische und therapeutische
Begleitung.
Auf dem Weg zum Plasterhaus - mit dem Daladala |
......und per Motorrad |
der Innenhof |
Unterrichtsraum |
die Küche - wo beim Kochen auch gleich warmes Wasser gewonnen wird |
Dieser könnte bei
ihm hospitieren und sich auch für die Ponseti-Arbeit fortbilden.
Ganz spontan haben
wir ihn zu der offiziellen Eröffnung der Physiotherapieräume in
Tandala eingeladen....
Konkret ergaben
sich bereits jetzt Kontakte für Kirimia (und für das
Diakoniezentrum in Tandala) in verschiedenen Orten v.a. im südlichen
Tansania:
a) Patienten mit
Verbrennungen:
Operationen,
Therapie in Tosamaganga / Ifunda in der Nähe von Iringa
(„Interplast“)
b) Patienten mit Klumpfußbehandlung
Operationen,
Therapie in Usa River, Mbeya, zukünftig Krankenhaus I
c) Patienten mit Knochenwachstumsstörungen u.a.
Operationen,
Therapie in Usa River („Feuerkinder“)
d) Unterkunft bei Behandlungen in Usa River: Plasterhaus
Fortbildungen /
Hospitationen für Kirimia:
e) Rehabilitations
Center Usa River (Klumpfußarbeit, Physiotherapie allgemein)
- hier müsste die Finanzierung geklärt werden (können) zwischen der NeinstedterStiftung, „Mission eine Welt“ und vielleicht dem Missionswerk Leipzig in Bezug auf Fahrt- und Unterkunftskosten u.a.
f) Krankenhaus
Mbeya / Physiotherapeut Emanuel (Klumpfußarbeit, Physio im
Krankenhaus)
- hier fallen bei einer Hospitation Kosten von 5000 TSH pro Tag an
- über Emanuel gibt es bereits ein loses Netzwerk zu anderen Physiotherapeuten in der Region um Mbeya und Tandala˃ eventuell Intensivierung dieses Netzwerkes
g) bei einer
Ausbildung in der Ponseti- Methode: Anfrage an „Miracle Feet“
bezüglich der
Kostenübernahme
- zukünftig könnte eine Zusammenarbeit mit dem Krankenhaus Ikonda / Tandala stattfinden, da hier seit kurzem 2 ausgebildete Orthopädie-Techniker angestellt sind
......fast vergessen: der Mt. Meru - gegenüber des Rehabilitations - Center, der kleine Bruder des Kilimanjaro:
Hamjambo Leah na Torsten!
AntwortenLöschenGlückwunsch an Sie beide für den erfolgreichen Start und Dankeschön für den interessanten Bericht! Ihnen und mir wünsche ich, daß Sie viele medizinische und physiotherapeutische Vokabeln und Redewendungen mitbringen. Grüße an Sie und unbekannterweise auch an Kirimia, der oft in unseren Sitzungen zu Gast ist.
Salamu nyingi
Mimi wako
Hans-Peter Puffky
@Kirimia: Kirimia, ninakusalimia na ninakuomba umsaidie Torsten kujifunza Kiswahili.
Asanta sana!
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
AntwortenLöschenHallo Hans Peter...Nakusalimia pia kutoka Tandala Tanzania. Also Torsten lernt Kiswahili nganz fleißig mit ganz wenig Erfolg ahaha...Nein nein..er kann schon fast drei Setze ohne Probleme.
AntwortenLöschenIch bin sehr dankbar, dass diese zwei schöne Nasen hier bei mir sind. Sie haben mir sehr sehr viel geholfen und sie helfen immer noch.
Karibu sana Tandala Tanzania.
Gruß
Kiri
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